Schutz vor Rückstau

Möbel und Einrichtungsgegenstände schwimmen im Wasser
Foto: Überflutetes Wohnzimmer Foto: © bht2000/Fotolia.com

Kennen Sie das? Für denjenigen, bei dem aus dem Kanal zurückgestautes Abwasser schon einmal im Keller stand oder gar Schäden in Wohnräumen anrichtete, muss der Gedanke an das Durchlebte ein Alptraum sein.

Bis auf Höhe der sogenannten Rückstauebene aufgestautes Abwasser tritt unweigerlich aus ungesicherten Öffnungen (z. B. über Fußbodeneinläufe, Ausgussbecken etc., deren Ruhewasserspiegel unter der Rückstauebene liegt) aus.

Wie entsteht Rückstau?

Die öffentliche Abwasserkanalisation arbeitet überwiegend nach dem "Schwerkraftprinzip", d. h. das Abwasser läuft über sogenannte "Freispiegelleitungen" drucklos ab. Die Anlagen sind hydraulisch so bemessen, dass normale Niederschlagsmengen problemlos abgeleitet werden. Dennoch kann es bei starken Regenfällen bzw. Wolkenbrüchen zu einer kurzzeitigen Überlastung der Kanalisation kommen. Der entstehende Rückstau wirkt sich entsprechend auf die Anlagen der Grundstücksentwässerung aus.

Dabei handelt es sich nicht um einen Planungsfehler, denn Kanalnetze, die darauf ausgerichtet sind derartige Wasser­massen ableiten zu können, würden (bedingt durch die erforderlichen großen Rohrdimensionen) so teuer werden, dass die Bürger unvertretbar hohe Abwassergebühren zahlen müssten.

Was ist zu beachten?

Alle Räume und Hofflächen, die unter der Rückstauebene liegen, müssen gegen eindringendes Abwasser gesichert wer­den.

Die Grundstückseigentümer sind in eigener Verantwortung dazu verpflichtet, alle Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene mit geeigneten Sicherungen zu versehen und diese betriebsfähig zu halten.

Auch wenn es bei Ihrem Anwesen bisher noch nie zu einem Rückstau kam, kann nicht darauf vertraut werden, dass dies auch für alle Zukunft so bleiben wird. Baumaßnahmen, kurzfristige Kanalverstopfungen und andere unvorhersehbare Ereignisse können sehr wohl die bisherige Situation ändern.

Die maßgebliche Rückstauebene ergibt sich grundstücksbezogen aus der örtlich bei Einstau des Kanalnetzes möglichen Wasserspiegelhöhe. Die genauen Angaben der Rückstauebene erhalten Sie auf Anfrage beim Entwässerungsbetrieb, Fachbereich Anschlusswesen.

Wie kann ich mich vor Rückstau schützen?

Bei Beachtung der folgenden Grundsätze können Sie sich zuverlässig gegen Schäden durch Rückstau schützen:

Planung von Baumaßnahmen

Bei Neubauten, Umbauten oder Gebäudemodernisierungen ist darauf zu achten, dass möglichst keine Entwässerungsabläufe unterhalb der Rückstauebene angeordnet werden. Es ist zu überlegen, ob auf Entwässerungsgegenstände und Einläufe im Untergeschoss (Keller) verzichtet werden kann. Für zu tief gelegene befestigte Freiflächen ist zu prüfen, ob das Niederschlagswasser versickert werden kann.

Entwässerungsgegenstände und Einläufe, die unterhalb der Rückstauebene liegen, können gegebenenfalls wie folgt gegen Rückstau gesichert werden:

Abwasserhebeanlagen

Als sicherste technische Rückstausicherung gilt die Hebeanlage mit anschließender Druckleitung, die als "Rückstauschleife" bis über die Rückstauebene verlegt wird. Die Rückstauschleife verhindert, dass aufgestautes Abwasser in die dahinter befindlichen Leitungen gelangt und aus den unterhalb der Rückstauebene liegenden Entwässerungsgegenständen austreten kann. An Hebeanlagen sollen nur die Entwässerungsabläufe angeschlossen werden, die nicht im freien Gefälle entwässert werden können.

Rückstauverschlüsse

Voraussetzung für die Verwendung von Rückstauverschlüssen ist vorhandenes freies Gefälle zum öffentlichen Kanal. Rückstauverschlüsse dürfen nur in Abwasserleitungen für Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene eingebaut werden. Das Abwasser aus Obergeschossen und das oberhalb der Rückstauebene anfallende Regenwasser muss ungehindert ablaufen können. Auf keinen Fall darf der Rückstauverschluss in den Revisionsschacht vor dem Haus bzw. in die Hauptleitung eingebaut werden. Er würde sonst bei Rückstau die gesamte Entwässerungsanlage absperren.

Bei älteren Bauarten darf der von Hand betätigte (Not-)Verschluss nur zum Wasserablauf geöffnet werden. Um eine größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten, sollte man auch bei neueren Modellen in ähnlicher Weise verfahren. Die Bedienungsanleitung ist zu beachten! Bei längerer Abwesenheit (Urlaub etc.) soll der Notverschluss in jedem Fall geschlossen werden.

Einzelne Ablaufstellen, z. B. Ausgüsse, Duschen, Bodeneinläufe, Waschmaschinenanschlüsse, können mit geeigneten Doppelrückstauverschlüssen abgesichert werden. Für Toiletten und Badinstallationen ist die Verwendung von Rückstauverschlüssen nur zulässig, wenn der Benutzerkreis klein ist und bei Rückstau auf die Benutzung verzichtet werden kann. Diese Voraussetzungen können bei Kellerbädern in Ein-oder Zweifamilienhäusern gegeben sein. Sie sind es aber z. B. nicht bei Einliegerwohnungen.

Kombinierte Rückstausicherungen

Durch einige Anbieter wurden in jüngerer Vergangenheit Rückstausicherungsanlagen entwickelt, die aus einer Kombination von Rückstauverschluss und Hebeanlage (mit Rückstauschleife) bestehen. Diese gewährleisten im Normalbetrieb die rückstausichere Entwässerung ohne Verbrauch von elektrischer Energie für Pumpen, wenn freies Gefälle zum Kanal vorhanden ist. Die Pumpe arbeitet nur im Rückstaufall und  gewährleistet, dass die angeschlossenen Entwässerungsgegenstände auch während eines Rückstauereignisses benutzt werden können.

Wartung der Rückstausicherungsanlagen

Rückstauverschlüsse und Hebeanlagen gewährleisten einen sicheren Schutz nur dann, wenn sie regelmäßig kontrolliert und gewartet werden. Achten Sie  bitte darauf, dass die Bedienungsempfehlungen des jeweiligen Herstellers eingehalten werden. In den meisten Fällen bietet sich der Abschluss eines Wartungsvertrages mit der Installationsfirma an.

Schächte, Reinigungsöffnungen

Liegen bei Schächten außerhalb von Gebäuden die Deckel unterhalb der Rückstauebene, so sind diese Deckel druckwasserdicht auszuführen. Innerhalb von Gebäuden müssen Reinigungsöffnungen unterhalb der Rückstauebene dauerhaft dicht sein.

Kellertreppen, Kellerlichtschächte

Niederschlagsmengen, die im Bereich von außen liegenden Kellerabgängen, Lichtschächten etc. anfallen, können im Regelfall versickert werden. Wo dies nicht möglich ist, ist der Ablauf über einen Rückstauverschluss an die Grundstücksentwässerung anzuschließen. Um das Eindringen von Wasser zu verhindern, ist immer eine Schwelle von 10 bis 15 cm Höhe an der Kellertür notwendig. Auch Kellerlichtschächte sollten um dieses Maß über das umgebende Gelände hoch gezogen werden.

Weitere Hinweise

In § 11 der Entwässerungssatzung der Stadt Erfurt ist festgelegt:

Absatz 8: Gegen Rückstau des Abwassers aus der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung hat sich jeder Anschlussberechtigte nach den technischen Bestimmungen und den allgemein anerkannten Regeln der Technik selbst zu schützen. Entwässerungsgegenstände, die nicht rückstaugefährdet sind, sind im freien Gefälle in den Kanal zu entwässern. Rückstaugefährdet sind insbesondere alle Entwässerungsgegenstände, die tiefer als die von der Stadt festgelegte Rückstauebene liegen.

Absatz 9: Als Rückstauebene gilt jeweils die Höhe der entgegen der Fließrichtung nächstgelegenen Entlastungsmöglichkeit des Kanalnetzes bei Überstau oberhalb der Einbindestelle des Anschlusskanals in den Kanal. Von diesem Grundsatz abweichende Festlegungen bleiben im begründeten Einzelfall vorbehalten. Die jeweilige grundstücksbezogene Rückstauebene teilt die Stadt dem Anschlussberechtigten auf Anfrage und im Rahmen des Entwässerungsgenehmigungsverfahrens mit.

Die DIN EN 12056-1 "Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden" legt die Rückstauebene wie folgt fest: "Die höchste Ebene, bis zu der Wasser in der Entwässerungsanlage aufsteigen kann."
Sollten Sie allgemeine Fragen zum Thema Rückstauebene haben, wenden Sie sich bitte an die Mitarbeiter des Entwässerungsbetriebes der Landeshauptstadt Erfurt, Anschlusswesen.

Bei speziellen Fragen zur Rückstausicherung Ihres Anwesens wenden Sie sich bitte an einen Fachbetrieb für sanitäre Anlagen.